Während dem Drogenproblem in der Öffentlichkeit ein breiter Raum eingeräumt wird, – wie die Schlagzeilen über Drogentote oder über Drogenprobleme prominenter Künstler immer wieder zeigen -, ist das Problem des Medikamentenmissbrauchs bzw. der Medikamentenabhängigkeit vielen Menschen gar nicht bewusst.

Medikamente haben ohne Zweifel ein positives Image. Sie werden zur Wiederherstellung der Gesundheit und der Arbeitsfähigkeit eingenommen.
Die Medikamentenproblematik ist komplizierter zu erkennen und zu handhaben als die Drogenproblematik. Die Betroffenen sind meist völlig ohne Problembewusstsein, vor allem, wenn die Arzneien vom Arzt verordnet sind.

Aber auch die Selbstmedikation muss als großes Problem angesehen werden.
Schmerzmittel sind die meist verkauften Arzneimittel in der Bundesrepublik. Insgesamt werden rund 70% aller Schmerzmittelpackungen ohne Rezept in der Apotheke verkauft. Die Folge ist ein hoher Anteil des Schmerzmittelkonsums ohne ärztliche Kontrolle.

Die Entwicklung einer Medikamentenabhängigkeit ist ein Prozess, dessen Zeitdauer und Intensität abhängig ist von der Art des enthaltenen Wirkstoffes, der Höhe der Dosis und der individuellen Empfindlichkeit. Arzneimittel, die süchtig machen, sind Medikamente mit psychotroper Wirkung, d.h.
– der Hauptwirkungsort liegt im zentralen Nervensystem (Rückenmark, Gehirn),
– die psychischen Prozesse, z. B. die Wahrnehmung oder das Empfinden von Gefühlen, sind verändert.

Wann spricht man von Medikamentenmissbrauch und wann von -abhängigkeit?
Man unterscheidet zwischen Gewohnheitsbildung, Gewöhnung und Sucht. Fließende Übergänge erschweren eine strenge Abgrenzung.

Gewohnheitsbildung:
Die Gewohnheitsbildung ist charakterisiert durch die regelmäßige Einnahme eines bestimmten Mittels, um einen euphorischen oder beruhigenden Zustand zu erreichen.  Dieses Einnahmeverhalten unterstützt eine psychische Abhängigkeit, während eine körperliche Abhängigkeit nicht vorhanden ist. Es treten beim Absetzen auch keine körperlichen Entzugssymptome auf. Der Drang nach Dosissteigerung ist eher gering.

Gewöhnung:
Im Unterschied hierzu ist die Gewöhnung oder Toleranzerhöhung mit der Tendenz verbunden, die Dosis zu erhöhen, um die gleiche Wirkung wie zu Beginn der Verwendung des Mittels zu erreichen. Gewöhnung und Toleranzerhöhung führen in die Sucht.

Zur Sucht gehören:

  • ein dringendes Verlangen oder ein echtes Bedürfnis (Zwang), die Einnahme des Mittels fortzusetzen;
  • die Tendenz, die Dosis zu steigern;
  • die psychische und meist auch physische Abhängigkeit von der Wirkung des Mittels.